Rechtschutzversicherung

Im Kern schützt eine Rechtsschutzversicherung den Versicherungsnehmer gegen hohe Prozess- und Rechtsverfolgungskosten ab (vor allem in Gerichtsverfahren und Verwaltungsverfahren). Manchmal sind auch Rechtsberatungskosten oder außergerichtliche Kosten in einem gewissen Umfang mit versichert. Gerichtliche Verfahren und Verwaltungsverfahren können lange – unter Umständen mehrere Jahre – dauern. Hohe Kosten (inklusive Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten, Dolmetschkosten, Zeugengebühren) können schon während des laufenden Verfahrens anfallen.
Auch das Risiko dieser Kosten kann eine Rechtsschutzversicherung abdecken. Selbst bei Prozessgewinn kann es dazu kommen, dass die angelaufenen Kosten beim Gegner nicht einbringlich gemacht werden können (zB in Fällen von Vermögenslosigkeit, Insolvenz, Verzug ins Ausland, Gefängnisaufenthalt, Tod etc).

Rechtsverhältnis
zwischen Rechtsschutzversicherung, Versicherungsnehmer und Rechtsanwalt:
Zwischen Versicherungsnehmer (Klient) und Rechtsschutzversicherung besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag. Zwischen Versicherungsnehmer (Klient) und Rechtsanwalt besteht ein Auftragsverhältnis. Zwischen Rechtsschutzversicherung und Rechtsanwalt kommt es zu einer sogenannten Erfüllungsübernahme.
Die Beauftragung des Rechtsanwalts erfolgt durch den Versicherer im Namen und im Auftrag des Versicherungsnehmers. Es besteht kein direktes Auftragsverhältnis zwischen Versicherung und Rechtsanwalt. Die Versicherung übernimmt die Freistellung des Versicherungsnehmers von der Kosten- bzw Honorarschuld. Der Rechtsanwalt hat jedoch kein eigenes Forderungsrecht gegenüber der Versicherung, sondern nur gegenüber dem Versicherungsnehmer.

Rechtzeitige Schadenmeldung:
Voraussetzung für eine Deckungsbestätigung und Versicherungsschutz in vollem Umfang ist eine schnelle und vollständige Schadenmeldung.

Versicherungsfall:
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Klärung des Versicherungsschutzes
ist die zeitliche Festlegung des Versicherungsfalles. Dies erfordert eine umfassende Informationsaufnahme. Die Rechtsschutzversicherung soll Schutz für ein zukünftiges ungewisses Schadenereignis bieten. Versicherungsschutz kann daher nur gegeben sein, wenn der Versicherungsfall in die Laufzeit des Vertrages fällt. In manchen Bereichen (zB vertragliche Auseinandersetzungen, Erb- und Familienrecht) können die Ursprünge eines Streitfalles sehr lange zurückliegen. In solchen Fällen kann der Versicherungsnehmer, der einen Versicherungsvertrag abschließen möchte, einen Informationsvorsprung gegenüber der Versicherung haben. Die exakte Definition des „Versicherungsfalles“ (und das Vorsehen von Wartezeiten) ist daher von entscheidender Bedeutung.

Verstoßlösung:
Als Versicherungsfall gilt der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Der Versicherungsfall gilt in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem eine der genannten Personen begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Die Frage des Rechtsschutzes muss vor der Einlassung in einen Streit geklärt sein. Daher sind auch bloße (nachträglich vielleicht falsche) Behauptungen für die zeitliche Festlegung des Versicherungsfalles maßgeblich. Dies muss so sein: Jede andere Lösung würde dazu führen, dass der Rechtsschutz erst nach Abschluss einer Streitsache (zB durch Urteil) feststeht, da erst im Rahmen des Gerichtsverfahrens der Sachverhalt und damit der tatsächliche Verstoß verbindlich festgestellt werden kann.

Ausschluss von der Rechtsschutzdeckung:
Eine Rechtsschutzversicherung ist keine „All-Risk“-Versicherung. In den allermeisten Rechtsschutzverträgen finden sich sogenannte Risikoausschlüsse. Praktisch besonders bedeutsame Risikoausschlüsse sind:

– Abwehr von Schadenersatzansprüchen (dies kann aber in den Bereich einer Haftpflichtversicherung fallen
– Streitigkeiten von Miteigentümern
– Streitigkeiten von Gesellschaftern

„Bauherrenrisiko“:

Dies ist insbesondere die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Zusammenhang mit der Errichtung bzw. baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden, Gebäudeteilen oder Grundstücken, die sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befinden. Zu diesem Ausschluss zählen auch die Planung derartiger Maßnahmen und die Finanzierung eines Bauvorhabens.

Prüfung von Erfolgsaussichten:
Der Versicherer hat das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen.
Kommt er nach Prüfung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung der Rechts- und Beweislage zum Ergebnis, dass hinreichende Aussicht besteht, in einem Verfahren im angestrebten Umfang zu obsiegen, hat er sich zur Kostenübernahme bereit zu erklären; dass diese Aussicht auf Erfolg nicht hinreichend, dh ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, ist er berechtigt, die Übernahme der an die Gegenseite zu zahlenden Kosten abzulehnen; dass erfahrungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen.

Meinungsverschiedenheiten über Erfolgsaussichten:
Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung oder das Vorgehen zur Beilegung des Streitfalles, für den Deckung begehrt wird, kann der Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Versicherungsschutz durch Beantragung eines Schiedsgutachterverfahrens oder ohne Durchführung eines Schiedsgutachterverfahrens gerichtlich geltend machen.
Die gänzliche oder teilweise Ablehnung der Kostenübernahme wegen nicht hinreichender oder fehlender Aussicht auf Erfolg oder sonstiger Meinungsverschiedenheiten ist dem Versicherungsnehmer unter Bekanntgabe der Gründe und unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Schiedsgutachterverfahrens in geschriebener Form mitzuteilen. Die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Kosten sind vom Versicherer zu tragen, sofern die sonstigen Voraussetzungen des Versicherungsschutzes vorliegen.
Unterlässt der Versicherer diesen Hinweis, gilt der Versicherungsschutz für die begehrte Maßnahme als anerkannt.